Sonntag, 2. März 2014

Jawohl, jawohl, ich liebe Alkohol!

War ja klar, das musste so kommen… Schließlich: was ist schon ein Polenblog ohne den Alk – die Lösung und die Ursache all unserer Probleme? :)
Tja, aber wie ist es denn jetzt eigentlich mit dem Trinkverhalten der Polen? Trinken die wirklich Wodka „vor dem Essen, nach dem Essen und dazwischen auch“? Und ist letztlich der Trinkspruch „na zdrowie“ drüben nicht genauso geläufig wie „guten Tag“ hierzulande? Nun, um es nicht allzu spannend zu machen: nein, ist er nicht. In der Tat trinken die Polen statistisch betrachtet nicht nur weniger als die Deutschen, sondern auch bedeutend weniger Hochprozentiges, als man es in Deutschland gerne annimmt (s.u. 1). Neben den Tschechen, den Österreichern und den Bundesbürgern gehören sie in dieser Reihenfolge tatsächlich zu den größten Bierliebhabern Europas, was sich entsprechend auf das Straßenbild polnischer Städte niederschlägt, die in der Regel von Biergärten und Kneipen durchzogen sind. Letztere dominieren sogar die in Polen weit verbreiteten und sehr beliebten Cafés (Kaffee ist schließlich das Lieblingsgetränk der Polen), welche nur auf den ersten Blick repräsentativ für die polnischen Altstädte zu sein scheinen.
Der Biervorliebe der Polen verdanken wir viele gute und einige sehr gute, preisgekrönte und traditionsreiche Marken, die allmählich auch in Deutschland fußfassen. Neben den Massenprodukten wie Tyskie ([tiskiä]) oder Żywiec ([schiwiätz]), die inzwischen den Weg in manche deutsche Getränkemärkte sowie Großhandel-Läden gefunden haben und selbst nach Meinung gestandener Bierpuristen durchaus genießbar seien (s.u. 2), gibt es eine Reihe von exklusiven Regionalmarken aus kleinen Privatbrauereien, die in Polen momentan hoch im Kommen sind.
Doch neben dem goldbraunen „flüssigen Brot“ steht Polen natürlich auch für seinen Wodka, der, obwohl in seiner Popularität und Konsum längst vom Bier abgelöst und vom Wein nahezu eingeholt wurde, in Deutschland nach wie vor am ehesten mit Polen in Verbindung gebracht wird. Von der Vielzahl polnischer Schnäpse, die hierzulande erhältlich sind, dürfte wohl die deutsche Version vom Büffelgraswodka Żubrówka ([schubruwka]) sich verdientermaßen des größten Ruhmes erfreuen. Wegen des für die deutschen Zungen unaussprechlichen Originalnamens als Grasovka getarnt, hat sie schließlich, mit Eis und Apfelsaft gemischt, schon vielen Partys den nötigen Schwung verpasst und zahlreichen Begegnungen zwischen Deutschen und Polen zum großen Erfolg verholfen (s.u. 3). Ich spreche da ein Stück weit aus eigener, profunder Erfahrung. In diesem Sinne Prost und na zdrowie! :)


(1): Vgl. http://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/news/who-studie-deutsche-trinken-russen-unter-den-tisch_aid_665283.html
(2): Vgl. http://www.1000getraenke.de/biertest/tyskie-gronie-56,2921.html
(3): Vgl. http://www.issass-essen.de/das-trend-getrank-des-sommers-grasovka-apfelsaft-grapplesovka.html

Dienstag, 25. Februar 2014

Von Drachen, Nixen und Hexen

Es gibt ungefähr Tausend meist autobezogene Dinge, mit denen die Deutschen Polen in Verbindung bringen. Drachen, Nixen und Hexen gehören folglich nicht dazu. Und das ist ein Versäumnis, das es unverzüglich zu beheben gilt.
Die Frage, wie eine Sirene, eine echte Meerjungfrau also, die lange und strapaziöse Reise von der Ostsee, die Weichsel aufwärts, bis an die Ufer Warschaus überleben konnte, gehört wohl zu jenen Mysterien des Weltgeschehens, die nie richtig aufgeklärt werden. Fakt ist, dass sie es jedenfalls geschafft hat - wie sonst hätte sie es bis zum Wappen der Stadt gebracht? Und wen dieses einschlägige und profunde Beweis nicht überzeugt, dem sei dringend empfohlen nicht davor zu zögern mal zwei Minuten seiner Jugend in die folgenden, äußerst seltenen und nicht weniger authentischen Dokumentaraufnahmen von der Warschauer Sirene und ihrer ergreifenden Geschichte zu investieren: http://www.youtube.com/watch?v=rJcQkwtwO68
Wem der Ausflug in die Welt der Badenixen zu lasch und unspektakulär erscheint, der sollte sich weiter südlich, genauer in die Gegend von Kielce ([Kiältze]) begeben. Dort gibt es nämlich nicht nur eine starke Konkurrenz für die Top-Teams der deutschen Handballbundesliga, sondern auch - und in erster Linie - einen, um nicht zu sagen d e n "geheimen" Treffpunkt allpolnischer Hexen, Zauberinnen und Druiden, der in Fortsetzung uralter Traditionen bis heute, wenngleich nur noch zu Unterhaltungszwecken, alljährlich mit einem ausgelassenen Hexensabbat auf dem Kahlen Berg aufwartet (s.u. 1).
Krakau hat als ehemalige Hauptstadt Polens wahrlich viel zu bieten. Unter den zahllosen Sehenswürdigkeiten der Stadt, fällt besonders eine direkt ins Auge. Es ist der auch heute noch feuerspeiende Wawel-Drache, der keinen Ritter fürchtete, und doch von einem einfachen Schumacher mittels eines mit Schwefel prall gefüllten Schafkadavers erlegt wurde. Seine eindrucksvolle Höhle am Fuße des Königsschlosses sowie die beachtliche Skulptur am deren Eingang sind mehr als nur einen Besuch wert.

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Quelle: http://www.gq-magazin.de/leben-als-mann/reise/kurztrip-reisetipps-ein-tag-in-krakau

Zu den hier angeführten Fabelwesen gesellen sich einige weitere hinzu, wie zum Beispiel der Drache von Warschau, der ähnlich wie die attische Medusa mit seinem Blick Menschen in Stein verwandeln konnte oder der auch in Deutschland weithin bekannte und ambivalente Berggeist Rübezahl, der je nach Kontext als Dämon oder als sympathischer Tattergreis dargestellt wird. Sie alle liefern als ein gestandener Teil der polnischen Mythologie einen wertvollen Beitrag zur mitteleuropäischen Kulturlandschaft und wer weiß, wenn Ihr es zulasst, werden sie Euch vielleicht sogar… verzaubern. :)

(1): Vgl. http://swietokrzyskie.travel/de/informator_turystyczny/jak_spedzic_czas/o,5929,winterlicher_hexensabbat.html

Sonntag, 23. Februar 2014

Vox populi vox… lector?

Wer schon mal einen ausländischen Film im polnischen Fernsehen geguckt hat, der stellte daraufhin möglicherweise seine psychische Verfassung in Frage. Schließlich konnte er, neben den Originalstimmen der Schauspieler, klar und deutlich eine dritte, meist recht penetrante und bisweilen ein wenig desinteressiert wirkende Stimme vernehmen. Was war das? Eine akustische Halluzination? White Noise? Oder doch die späte Rache der Mathelehrerin aus der Mittelstufe, die stets gedroht hat: „Auch wenn ihr euch noch so wehrt, ich werde euch den Wahnsinn schon reinpressen“. Tja, schon möglich. In der Regel dürfte es sich jedoch dabei bloß um den sogenannten und bei vielen Polen beliebten Lektor handeln (bitte nicht mit dem berüchtigten Connaisseur menschlichen Fleisches verwechseln). Wer oder was ein Lektor ist, können sich wohl all jene Vorstellen, die schon mal die Serie „Wunderbare Jahre“ gesehen haben. Nur dass im Gegensatz zu der deutschen Stimme von Tom Selleck, die in der Serie den Erzähler gab und lediglich hin und wieder die markantesten Höhepunkte der Handlung für den Zuschauer hervorhob, ist der polnische Lektor allgegenwärtig und allzeitlich. Über pro und contra, für und wider den Lektor wurde in Polen schon oft diskutiert. Denn auch bei dem zweitgrößten Nachbar Deutschlands ist sich ein Teil der Zuschauer durchaus bewusst, dass ein Lektor, der einem die Filmdialoge emotionslos herunterbetet (ok, jetzt werde ich allmählich gemein, schließlich sind die meisten Sprecher ja doch nicht sooo furchtbar), bestenfalls eine suboptimale Lösung sei. Immerhin ist es im Zuge dieser Auseinandersetzung seit gut 10 Jahren gang und gäbe, zumindest Kinderfilme und Serien, sowie Kinofilme, die unter dem Schild familienfreundlich laufen, vollständig zu synchronisieren. Und das gar nicht mal so schlecht. Die Mehrheit der jüngeren Polen scheint dennoch in Richtung Untertitel, so wie es zum Beispiel in Skandinavien, oder etwa in Teilen Belgiens geläufig ist, zu tendieren. Das Argument, das dabei häufig angeführt wird, lautet, dass einem Schauspieler, der für seine schauspielerische Leistungen mit einem Oskar prämiert wurde (damit also auch für sein „voice acting“), eine Synchro nie und nimmer gerecht werden könne – sei sie noch so gut. Nun, es mag schon was dran sein. Mehr noch: Es bedarf manchmal nur einer einfachen Sitcom in OmU, um den Untertitelbefürwortern durchaus Recht zuzusprechen.
Dies ändert allerdings wenig daran, dass ich jedes Mal irgendwie peinlich berührt bin, wenn ich einen in Polen gekauften Film in meinen Player einlege und mir daraufhin von einer harten, männlichen Stimme erzählen lassen muss, dass sie von ihrem Freund verlassen wurde, im achten Monat schwanger sei und Dorothy hieße…

P.S. Heute hat Deutschland Polen auf dem Weg zu EM 2016 zugelost bekommen. Wuff! :)

Sonntag, 16. Februar 2014

To nie szajs, tylko frajda! Deutsche Entlehnungen im Polnischen :)

Dach, farba, lampa, los (Schicksal), ratusz (Rathaus), burmistrz (Bürgermeister), majster, renta, kabel, pantofle, kindersztuba, garnek (Kochtopf), kartofle, lejtmotyw, jarmark, papier, szrot, kino, kumpel, hochsztapler, geszeft, szwindel (s.u. 1) … – das sind nur ein paar wenige von den ca. 4000 Germanismen in der modernen polnischen Sprache, die damit etwa 2,5% ihres gesamten Wortschatzes ausmachen (s.u. 2). Wörter die ähnlich oder gleich klingen, jedoch nicht dem Deutschen entliehen sind (auto, balkon, wagon, taras, maszyna etc.), nicht eingerechnet.
Früher soll es tatsächlich noch weit mehr davon gegeben haben. Insbesondere im Bauwesen und im Handwerk wimmelte es nur so von deutschen Entlehnungen. Einige davon, sind in dem spöttischen Vorkriegsgedicht „Ślusarz“ [schlusasch] (dt. Schlosser) von Julian Tuwim nachzulesen. Die Verse sind köstlich, sie Euch vorzuenthalten wäre daher grausam. Vor dem Verzehr möchte ich jedoch anmerken, dass ich mir aus angeborener Faulheit kurzerhand die Freiheit genommen habe, auf die Lautschrift in diesem Fall zu verzichten. Jenen, die des Polnischen mächtig sind, wünsche ich daher viel Spaß beim finden. Allen anderen wünsche ich viel Glück beim suchen in der Hoffnung, dass die Germanismen auch so leicht ausfindig zu machen sein werden.
Vorab gibt es trotzdem eine kleine Hilfestellung meinerseits (ich will mal nicht so sein):
sz (pol.) = sch (dt.), cz = tsch, z = s, y = i in „bitte”, ch = ch in „Bach”, c = tz, ó = u. Mehr intellektueller Stimuli braucht ihr meines Erachtens nicht! Jedenfalls nicht für das Gedicht. :)

Ślusarz
Julian Tuwim
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W łazience coś się zatkało, rura chrapała przeraźliwie, aż do przeciągłego wycia, woda kapała ciurkiem. Po wypróbowaniu kilku domowych środków zaradczych (dłubanie w rurze szczoteczką do zębów, dmuchanie w otwór, ustna perswazja etc.) - sprowadziłem ślusarza.
Ślusarz był chudy, wysoki, z siwą szczeciną na twarzy, w okularach na ostrym nosie. Patrzył spode łba wielkiemi niebieskiemi oczyma, jakimś załzawionym wzrokiem. Wszedł do łazienki, pokręcił krany na wszystkie strony, stuknął młotkiem w rurę i powiedział:
- Ferszlus trzeba roztrajbować.
Szybka ta diagnoza zaimponowała mi wprawdzie, nie mrugnąłem jednak i zapytałem:
- A dlaczego?
Ślusarz był zaskoczony moją ciekawością, ale po pierwszym odruchu zdziwienia, które wyraziło się w spojrzeniu sponad okularów, chrząknął i rzekł:
- Bo droselklapa tandetnie zblindowana i ryksztosuje.
- Aha, - powiedziałem - rozumiem! Więc gdyby droselklapa była w swoim czasie solidnie zablindowana, nie ryksztosowała by teraz i roztrajbowanie ferszlusu byłoby zbyteczne?
- Ano chyba. A teraz pufer trzeba lochować, czyli dać mu szprajc, żeby tender udychtować.
Trzy razy stuknąłem młotkiem w kran, pokiwałem głową i stwierdziłem:
- Nawet słychać.
Ślusarz spojrzał doć zdumiony:
- Co słychać?
- Słychać, że tender nie udychtowany. Ale przekonany jestem, że gdy pan mu da odpowiedni szprajc przez lochowanie pufra, to droselklapa zostanie zablindowana, nie będzie już więcej ryksztosować i, co za tym idzie ferszlus będzie roztrajbowany.
I zmierzyłem ślusarza zimnem, bezczelnem spojrzeniem. Moja fachowa wymowa oraz nonszalancja, z jaką sypałem zasłyszanemi poraz pierwszy w życiu terminami, zbiła z tropu ascetycznego ślusarza. Poczuł, że musi mi czem zaimponować.
- Ale teraz nie zrobię, bo holajzy nie zabrałem. A kosztować będzie reperacja - wyczekał chwilę, by zmiażdżyć mnie efektem ceny - kosztować będzie... 7 złotych 85 groszy.
- To niedużo, - odrzekłem spokojnie - myślałem, że co najmniej dwa razy tyle. Co się zaś tyczy holajzy, to doprawdy nie widzę potrzeby, aby pan miał fatygować się po nią do domu. Spróbujemy bez holajzy.
Ślusarz był blady i nienawidził mnie. Uśmiechnął się drwiąco i powiedział:
- Bez holajzy? Jak ja mam bez holajzy lochbajtel kryptować? Żeby trychter był na szoner robiony, to tak. Ale on jest krajcowany i we flanszy culajtungu nie ma, to na sam abszperwentyl nie zrobię.
- No wie pan, - zawołałem, rozkładając ręce - czegoś podobnego nie spodziewałem się po panu! Więc ten trychter według pana nie jest zrobiony na szoner? Ha, ha, ha! Pusty śmiech mnie bierze! Gdzież on na litoć Boga jest krajcowany?
- Jak to, gdzie? - warknął ślusarz - Przecież ma kajlę na uberlaufie!
Zarumieniłem się po uszy i szepnąłem wstydliwie:
- Rzeczywiście. Nie zauważyłem, że na uberlaufie jest kajla. W takim razie zwracam honor: bez holajzy ani rusz.
I poszedł po holajzę. Albowiem z powodu kajli na uberlaufie trychter rzeczywiście robiony był na szoner, nie zaś krajcowany, i bez holajzy w żaden sposób nie udałoby się zakryptować lochbajtel w celu udychtowania pufra i dania mu szprajcy przez lochowanie tendra, aby roztrajbować ferszlus, który źle działa, że droselklapę tandetnie zablindowano i teraz ryksztosuje (s.u. 3).
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Der Ursprung deutscher Entlehnungen im Polnischen lässt sich auf das Mittelalter zurückführen, als unzählige deutsche Siedler, weite und von den Mongoleneinfällen erbarmungslos verwüstete Teile Polens auf Einladung polnischer Herrscher kolonisierten. Die Teilungen des Landes im 18. Jahrhundert, die Preußen und später dem Deutschen Reich sowie Österreich etwa 2/3 des heutigen Polens einbrachten, taten schließlich das Übrige. Gleichzeitig brachten sie allerdings auch einige polnische Entlehnungen ins Deutsche, sodass beide Sprachen irgendwie kwita sind. Wer heute über die granica nach Polen fährt, um sich einen leckeren bio-ogórek direkt vom Bauern schmecken zu lassen und eventuell eine(n) szabla zu kaufen um seine Waffensammlung zu vervollständigen, der hat es offenbar den Polonismen in der deutschen Sprache zu verdanken (s.u. 4).
Auch wenn seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die deutschen Entlehnungen im Polnischen den Rückzug angetreten haben (äh, dies ist irgendwie ein unglückliches Wortspiel), so macht es einem Deutschsprachigen womöglich trotzdem eine große frajda, hier und dort in einem zufällig aufgeschnappten polnischen Gespräch von der (pol. dem) kiermasz am letzten Wochenende zu hören, auf der es jede Menge tańce, karuzele und wata cukrowa gab, und die mit einem beeindruckenden fajerwerk zum szlus stimmungsvoll beendet wurde.

(1): Nomen werden im Polnischen kleingeschrieben
(2): Vgl. http://www.linguistik-online.de/1_01/Lipczuk.html
(3): http://wiersze.doktorzy.pl/slusarz.htm
(4): Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Polnische_Sprache#Phonologie

Dienstag, 11. Februar 2014

Die Popcornpsychologie

Manche mögen´s heiß. Die Polen mögen es salzig und die Deutschen süß. Die Popcorn-Sahne-Psychologie :)

Da ich als eingefleischter Pole nie an gesalzenes Popcorn in den deutschen Kinos komme, stell ich mir nach jedem Kinobesuch die Frage, wieso die Polen ihr Popcorn salzig und die Deutschen das ihre eher süß bevorzugen? Sicher, Ausnahmen gibt es immer, aber in der Regel ist es doch zweifelsohne so, dass der Pole, wenn er an Popcorn denkt, eher Lust auf Salziges verspürt, während der Deutsche damit etwas süßes zwischen den Kiemen ersehnt. Ich möchte an dieser Stelle bestimmt keine Diskussion provozieren, welche Geschmacksrichtung leckerer ist (schließlich lässt sich über Geschmack bekanntlich nicht streiten – außerdem ist salzig ganz klar der unangefochtene Sieger). Manchmal frage ich mich jedoch, ob und was die Geschmackspräferenzen über die Popcornliebhaber beider Länder wohl auszusagen vermögen (ganz schön tiefenpsychologisch, nicht?;))…
Wie dem auch sei, eins steht für mich allenfalls fest: Ob süß oder salzig – Hauptsache das Popcorn ist frisch!
Popcorn
P.S. Gleiches gilt übrigens auch für die Sahne, die in Polen gleichzusetzten ist mit der für mein Empfinden eher salzigen sauren Sahne, in Deutschland hingegen die süßliche Schlagsahne meint. Fragt meine Frau wie oft Die sich schon geärgert hat, wenn ich Ihr von einem entgeisterten Einkauf im Supermarkt saure, statt der erbetenen Schlagsahne mitgebracht habe. :)

Sonntag, 9. Februar 2014

Die zwei Türme

In der Historie beider Länder gibt es zuweilen Überschneidungen, die den Wenigsten bewusst sind, die jedoch garantiert ein Schmunzeln auf ihre Gesichter zaubern würden, welches nur Gutes und Altbekanntes verursachen kann. Eine dieser Überschneidungen ist mit Sicherheit die Überlieferung vom Mäuseturm, die in Polen einen identitätsstiftenden Charakter besitzt und in Deutschland immerhin eins der markantesten Wahrzeichen des oberen Mittelrheintals darstellt.
Binger Mäuseturm
Die Legende des Binger Mäuseturms, die im 10. Jahrhundert spielt, handelt von einem habgierigen, grausamen Erzbischof Hatto II., der in grenzenloser Gemeinheit seine ausgezehrten Untertanen, die ihn während einer großen Hungersnot um Hilfe aufsuchen, in einer Scheune zusammentreiben und vor seinen Augen verbrennen läßt, wobei er obendrein das Klagegeschrei der Opfer seiner Gräueltat mit "satanischem Gelächter" mit den Worten "Hört doch, hört, wie die Kornmäuse pfeifen!" verschmäht haben soll. Alles in Allem ergibt dies eine recht verstörende Geschichte, welche jedoch mit einer gerechten Strafe Gottes endet, die den Bischof schließlich verdientermaßen ereilt. Die Hauptrolle spielen dabei Mäuse, die Hatto überallhin verfolgen, bis er auf der Flucht vor ihren scharfen Bissen – von allen Dienern und Knechten verlassen – auf eine kleine Rheininsel flüchtet, auf welcher sich ein Turm erhebt. Die tapferen Nagetierchen überwinden jedoch daraufhin die Stromschnellen des Flusses, besetzen den Turm und – als es keine Vorräte mehr zum fressen gibt – nagen sie den Erzbischof bis auf die Knochen ab (s.u. 1, 2).

Mäuseturm am Goplosee. Foto von Jerzy Strzelecki
Der polnische Mäuseturm, der sich am Ufer des geschichtsträchtigen Goplosees erhebt, blickt auf eine Geschichte zurück, die erstaunliche Parallelen zu ihrer deutschen Verwandten aufweist, dabei jedoch eine viel größere Tragweite an den Tag legt.
Die Geschichte von dem im 9. Jahrhundert lebenden niederträchtigen Fürsten Popiel (Lautschrift: [Popiäl]), den Tausende Mäuse auffraßen, kennt in Polen nämlich nahezu jedes Kind. Sie ist nicht bloß eine wilde Erzählung, die ein Anfänger für seinen ersten Blogeintrag missbrauchen würde. Vielmehr markiert sie dank der Überlieferung von Gallus Anonymus, dem ersten polnischen Chronisten, den Grundstein dessen, was später mal zu Polen wurde. Ihre Handlung ist dabei schnell erzählt. Der feige Herrscher von Kruszwica ([Kruschwitza]), angestiftet durch seine gierige, wenn auch ansehnliche deutsche Gattin Gerda (s.u. 3), die um die Sicherstellung der Thronfolge ihrer Söhne besorgt war, vergiftete alle potentiellen Thronanwärter während er ihnen seine Bettlägerigkeit vortäuschte und als seinen letzten Wunsch einen Krug Met mit ihnen zu trinken vermochte. Nach wenigen Schlucken (Popiel tat dabei nur so als ob er trinken würde, seine Verwandten - Kenner und Liebhaber guter Tropfen - hingegen nicht) fiel die Gesellschaft leblos zu Boden. Popiel ließ daraufhin verlauten, dass sie nach seinem Thron und Leben trachteten und dafür lediglich die gerechte Strafe erhielten. Er verbot zugleich die Leichen der Unglücklichen zu beerdigen. Kurzdarauf krochen in der Nähe der verlassenen Leichname unzählige Mäuse aus dem Boden hervor und stürmten die Burg, in der Popiel wohl seine „wundersame Genesung“ feierte. Den ausgehungerten Mäusemaßen schutzlos ausgeliefert, flüchtete Popiel mit seiner Familie auf die Turminsel unweit seiner Festung und ließ die Brücke, die die Insel mit dem Festland verband, zerstören. Ähnlich wie in Bingen, stürzten sich jedoch die tapferen Mäuse prompt in die Fluten, drangen in den steinernen Turm ein und fraßen schließlich den Tyrannen mitsamt seiner Sippe restlos auf. Kurze Zeit später wählten die Bürger von Kruszwica den Rademacher Piast zu ihrem neuen Herrscher, der wiederum den Protoplasten und Namengeber jener Dynastie stellen sollte, die über Polen von den sagenumwobenen Anfängen bis in das 14. Jahrhundert geherrscht hatte (s.u. 4). Aber das ist schon eine andere Geschichte…

(1): Vgl. http://www.sagen.at/texte/sagen/deutschland/rheinland_pfalz/maeuseturm.html
(2): Vgl. http://www.labbe.de/lesekorb/index.asp?themaid=130&titelid=1726
(3): Die Negativfigur mit einer deutschen Fürstin zu besetzen, könnte entweder ein Ausdruck der antideutschen Ressentiments sein, die am Anfang des 12. Jahrhunderts, also in der Entstehungszeit der Geschichte, durch die kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Deutschen Reich in Polen vorherrschten, oder aber ein möglicher Hinweis auf die ursprüngliche Herkunft der Legende – entscheidet selbst.
(4): Vgl. http://dziedzictwo.ekai.pl/text.show?id=1156

Poltsch und Dolnisch

Deutsche und Polen glauben häufig viel voneinander zu wissen. Doch glauben ist nicht wissen. Was verbindet beide Nachbarn, was trennt? Dieser Blog möchte diesen Fragen nachgehen. Natürlich zweisprachig - deutsch und polnisch, polnisch – deutsch… Also irgendwie poltsch und dolnisch :)

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